Die Geschichte der Gebrüder Metzler
Ein Stück deutscher Porzellangeschichte
Hier, wo einst deutsche Porzellangeschichte geschrieben wurde, haben heute viele kreative Unternehmen und Vereine ihren Sitz. Lesen Sie von den Anfängen der markanten Porzellanfabrik in Ilmenaus Innenstadt und dem gewagten Unternehmen der Gebrüder Metzler.
Die Anfänge – um 1860
Historische Aufnahme des markanten Schachthauses von 1858
Auf den Fabrikgrundstücken an der jetzigen Wilhelmstraße wurde von 1857-1860 durch eine „Sächsisch-Thüringische Kupferbergbau- und Hüttengesellschaft“ ein Kupferbergwerk betrieben, das wegen geringer Ergiebigkeit jedoch schließlich stillgelegt wurde. Von den Bergwerksgebäuden sind heute noch das mächtige „Schachthaus“ und die daran angeschlossenen massiven Betriebsgebäude vorhanden.
Ein ehemals östlich abseits stehendes Knappenhaus und Lagergebäude sowie der hohe Schornstein im Hof sind im Laufe der 60er und 70er Jahre allmählich verschwunden.
1863
Nach der Stilllegung des Betriebs der Gesellschaft erwarb der Kaufmann Gustav Adolf Höhn (1805-1878) das gesamte Terrain am 19.03.1863.
1873
Bis zum April 1873 war Höhn Allgemeineigentümer der Fabrik nebst Waldmühle und Mühlgrabenanteil. Unterdessen suchte und fand er zwei Teilhaber in den Brüdern Rudolf Metzler (Kaufmann) und Robert Metzler (Modelleur) aus Sonneberg, denen er durch Vertrag vom 31.12.1872 zwei Drittel des Besitzes verkaufte.
Seit dem hieß die Firma „Höhn und Metzler“.
1875
Das Sozietätsverhältnis dauerte jedoch nicht lange an. Die Fabrik, nunmehr Porzellanmanufaktur, lief nicht – trotz aller anzuerkennenden Bemühungen der Brüder Metzler. Es fehlte an Betriebsmitteln, an Kunden und vor allem an einer fachmännischen Leitung. Höhn war kein Fachmann, dazu bereits 69 Jahre alt. Die Brüder Metzler waren ebenso wenig Fachleute. Sie hatten sich auf ein Unternehmen eingelassen, von dem weder der eine noch der andere etwas verstand.
Höhn ahnte ein Misslingen. Er erklärte früh, aus dem Unternehmen ausscheiden zu wollen. Am 13.07.1875 zeigte er dem Justizamt schließlich an, dass der aus dem Sozietätsverhältnis ausgeschieden sei. Die Ansprüche durch Höhn brachten die Brüder Metzler in eine schwierige finanzielle Lage.
August 1875
Die Brüder Metzler waren auf der Suche nach einem neuen und zugleich kompetenten Teilhaber. Rudolf Metzler wandte sich an dem ihm aus Gräfental her bekannten Buchhalter Hugo Ortloff aus Coburg. Ortloff reiste nach Ilmenau und verschaffte sich ein Bild vor Ort. Er zeigte sich beeindruckt von der Größe des Etablissements sowie der Qualität der Brände. Zum Fortbestehen sei jedoch ein „ganz anderer Geist“ notwendig. Unter fachmännischer Leitung und einigem Glück würde die Fabrikation jedoch schon bald anders dastehen.
Ortloff ließ schriftlich verkünden, dass er bereit sei, die Teilhaberschaft anzutreten. Am 16.08.1875 wurde schließlich die nunmehrige Firma „Gebr. Metzler & Ortloff“ ins Handelsregister eingetragen.
1876
Nach anfänglichen Misserfolgen durch schlechte Brände und Kundenmangel, trat nun ein allmählicher Umschwung ein. Von nun an ging es, vor allem dank der persönlichen Tüchtigkeit Ortloffs, mit der Firma unaufhaltsam aufwärts. Die Warenherstellung beschränkte sich anfangs und noch in den 1890er Jahren auf die Fabrikation von Puppenköpfen, Puppenarmen, Salbenkrugen, Apotheker- und Sanitätsartikeln und kleineren Gebrauchsgeschirren unter dem Namen „Thüringer Waren“. Absatzgebiete waren hauptsächlich Deutschland, England und Holland. Später wurde die Produktion auf Zierporzellan ausgedehnt.
1899
Von den Gründern der Firma starb Rudolf Metzler (geb. 1834 in Sonneberg) am 14.06.1899 in Ilmenau. An seine Stelle traten im Fabrikanteil mit dem 15.06.1899 seine beiden Töchter Jenny (verehl. Klett) in Ilmenau und Paula (vereh. Heinrich) in Magdeburg, jedoch ohne Vertretungsbefugnis.
1907
Zum Jahresbeginn 1907 gingen die Geschäftsanteile von Hugo Ortoloff und Robert Metzler auf deren Söhne, Dr. Hugo Ortloff jun. und Viktor Metzler (geb. 1875) über. Auch nach dem Ausscheiden der beiden Gründer widmeten sie ihre Kraft dem Wohl der Firma.
1911
Am 24.11.1911 stirbt Hugo Ortloff (geb. 1844 in Coburg).
1914
Der Erste Weltkrieg brachte im ganzen Betrieb einschneidende Veränderungen mit sich. Mehrere Angestellte wurden zum Heeresdienst eingezogen. Besorgte Auftraggeber zogen ihre Aufträge zurück, neue gingen nur allmählich ein. Gearbeitet wurde nur mit Unterbrechungen. 1917 wurde die Situation lebhafter. Obwohl die Preise für Rohstoffe stiegen, konnten die Waren mit Aufschlägen gut abgesetzt werden. Bedrohlich für den Betrieb war die Kohleknappheit. Auch Papier und Petroleum gingen aus, ebenso Gold und Platin. Nach der Revolution von 1918 wurden wiederum die gegebenen Aufträge zurückzugezogen und neue stellten sich nur zögerlich ein.
1915
Robert Metzler (geb. 1844 in Sonneberg) starb am 24.11.1915.
ab 1923
Es herrschte eine wirtschaftliche Depression. Entgegen des allgemeinen Niedergangs der deutschen Porzellanindustrie, konnte sich die Firma – vor allem dank des Geschicks von Dr. Hugo Ortloff – auf dem Markt behaupten. Er unternahm Reisen ins Ausland, um neue Kunden zu gewinnen und Marktforschung zu betreiben. Der Export erreichte so zunehmend einen erheblichen Anteil an der Gesamtfabrikation.
August 1925
Am 16.08.1925 feierte die Firma mit Beamten und Arbeiterschaft ihr 50-jähriges Jubiläum.
November 1925
Am 30.11.1925 entstand im Schachthaus ein großer Schaden infolge von Brandstiftung. Das Schachthaus brannte komplett aus. Der Sachschaden war bedeutend: Neben Rohstoffen und Schablonen, fielen dem Feuer viele Modelle zum Opfer. Die Dreherei musste in ein neues Gebäude verlegt werden. Die dicken Mauern hielten die ungeheure Glut, von der sogar starke Eisentüren krumm gebogen wurden, ebenso aus wie die gewaltigen Tragebalken, sodass das eigentliche Gebäude erhalten blieb und nur von innen neu einzurichten war.
1928
Am 23.04.1928 starb Viktor Metzler an einer Gehirnhautentzündung. Er blieb in Erinnerung als ein lieber, gutherziger Mensch, der keine Feinde hatte.
1932
Das denkmalgeschütze Schachthauses ist noch heute ein markantes Wahrzeichen in Ilmenau
Die Krise griff immer mehr um sich. Vom Sommer bis zum Herbst schloss die Fabrikation. Alle Anstrengungen um neue Aufträge waren vergeblich. Der Export litt unter den vom Reich eingeführten Devisenkontrollen und unter den Zollerschwerungen des Auslands. Ungehindert konnte nur mit Nordamerika, Spanien und Italien gearbeitet werden, aber überall war die Bonität der Kunden stark gesunken. Auch die Messen 1931 bis 1933 waren äußerst schwach.
Ab 1939 ging der Export katastrophal zurück. Der nun folgende Kriegszustand hatte für die Porzellanindustrie zur Folge, dass einerseits viele Rohmaterialien von der Regierung beschlagnahmt wurden, dass aber andererseits gewisse Ladenhüter (z.B. Krankentassen, Spuckbecher, Salatieren, Seifenschalen, Zahnbürstenschalen, Butterdosen, ..) nun wieder gut abgesetzt werden konnten. Ab 1940 durfte Gold zur Verzierung mangels Knappheit nicht mehr verarbeitet werden. Der Warenhunger wurde enorm. Nicht annähernd konnten alle Anfragen berücksichtigt werden. Die Kundschaft hamsterte, was zu haben war.
1942
Im Frühjahr 1942 erkrankte Dr. Hugo Ortloff schwer. Er erlag am 21.06.1942 seinem Leiden – tief betrauert von Beamten, Angestellten und Arbeiterschaft der Firma. Seine Leistungen wurden in einem Nachruf gewürdigt, der in dem Magazin „Schaulade“ im Juli 1942 erschien.
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg produzierte Metzler & Ortloff nach wie vor mehrheitlich für den Export. Dies missfiel jedoch der staatlichen Planungsbehörde der DDR. So wurde angeordnet, den Export zurückzufahren und die Produktion für den Binnenmarkt zu verstärken.
1959
Bis in die 1950er- und 1960er Jahre lag die Zahl der Mitarbeiter bei rund 100. Ab 1959 wurde die Fabrik schließlich schrittweise verstaatlicht und in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Die Gesellschafter wurden enteignet und ihre Anteile der Deutschen Investitionsbank übergeben, die fortan der Besitzer des Betriebes war.
1968
1968 wurde der Betrieb von der Deutschen Investitionsbank an die Porzellanfabrik Lichte übergeben, die wiederum unter das Kombinat Henneberg-Porzellan in Ilmenau untergeordnet war.
1975
Als 1975 der neue Fabrikkomplex von Henneberg-Porzellan am Eichicht in Ilmenau in Betrieb ging, wurde die alte Fabrik geschlossen, was zugleich das Ende der Marke „Metzler & Ortloff“ bedeutete.
1991
Die ehemalige Porzellanfabrik wurde reprivatisiert. In der Euphorie der „Wendezeit“ stieg die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeflächen in Ilmenau sprunghaft an. Auf 3500m² vermietbarer Fläche haben sich schnell viele Unternehmen eingemietet. Als Metzler&Ortloff Nachf. GbR verwalten wir nun das historische Gelände.
Chronik: Nach Dr. Ernst Ortloff, Ministerialrat Ilmenau. Mit Inhalt von de.wikipedia.org (Metzler&Ortloff)
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